Es glich förmlich einer Pilgerung, als am Samstag rund 9500 Schlagerfans dem Ruf des Kalkbergs folgten. Die Botschaft für die Schlagerfans: Der Berg tanzt. Eine gelungene Mischung aus vielversprechenden Newcomern,aktuellen Schlagergrößen sowie Schlagerlegenden ließ die Herzen der Fans des deutschsprachigen Liedguts höher schlagen. Aus Colt wurde Kult – wo sonst Old Shatterhand seinen Colt schwingt, wurde der Friedenstanz der Indianer bei traumhaftem Wetter zelebriert.
Schier endlose Warteschlangen bildeten sich am Samstag in Bad Segeberg, als das Bühnenprogramm in der Westernlandschaft bereits begann. Die Junx aus Hamburg stimmten die schon angekommenen Schlagerfans auf den unvergesslichen Abend ein. Bei kaiserlichem Wetter wiederholten die sympathischen Bergedorfer mit „Dass ich Dich liebe“ ihren Liebesschwur.
Während sich die restlichen Schlagerjünger so langsam durch die Warteschlangen tanzten, wurde das Publikum von der Spider Murphy Gang in die Achtziger Jahre zurück katapultiert. Mit “Skandal im Sperrbezirk“ wurden bei so manchem Kalkberg-Besucher Jugenderinnerungen geweckt.
Nach den Rock’n’Rollern kündigte das sympathische Moderatoren-Duo Anika Reichel und das ehemalige VoxxClub-Mitglied Julian David den vielversprechenden Schlagernachwuchs Maria Voskania an. Die Menge tanzte der Helene Fischer-Backgroundsängerin.
Nach soviel Frauenpower wurde das Mikrofon an Jay Khan übergeben. Frauenherzen schlugen höher bei seiner Hitsingle „Sie steht auf Dirty Dancing“.
Danach Bühne frei für eine Schlager-Legende. Lena Valaitis sorgte für Gänsehautfeeling mit 70er Jahre-Klassikern und zeigte, dass sie ihr Publikum immer noch begeistert wie eh und je. Dabei dürfte sich so manche weibliche Besucherin gefragt haben, wie die Litauerin es schafft, scheinbar nie zu altern.
Mitveranstalter Hans Scherer zeigte sich zufrieden: „Das Motto „Der Berg tanzt“ haben die Besucher fantastisch umgesetzt.“
1995 feierte die Schlagernacht in Schleswig-Holstein Premiere. Bis 2014 veranstaltete der NDR die Kultnacht in der Westernlandschaft. Danach übernahm die beteiligte Tiedemann Art Poduction das Ruder. Da das Hamburger Unternehmen eine Pause einlegen musste, sprang der ehemalige R.SH-Programmchef mit einigen Partnern ein. Scherer besann sich auf die Anfänge. Und sein Konzept sollte aufgehen. 3000 Besucher mehr als im Vorjahr sprechen für sich und ihn.
Da VoxxClub leider absagen musste (aus diesem Grund), zog Scherer ein weiteres As aus dem Ärmel. Passend zur Westernkulisse heizten Rednex und der Cotton Eye Joe dem Kalkberg mächtig ein.
Danach hatte Ballermannstar Almklausi leichtes Spiel, mit seiner Frage „Wie heißt die Mutter von Niki Lauda?“ die Gäste in Stimmung zu halten. Langsam ging die Sonne über dem Kalkberg unter. Immer mehr Partyaccessoires wie leuchtende Sonnenbrillen und Hüte kamen zum Einsatz und verwandelten den Berg in ein Lichtermeer, als Nicole mit einem ESC-Medley das Publikum auf ihre musikalische Reise einlud.
Nach Nicoles großem Auftritt, gab es dann wieder romantische Klänge, als die Münchner Freiheit gestand: „Ohne Dich“ schlaf ich heut’ Nacht nicht ein. So wunderte sich auch niemand, dass das Publikum die Band nicht ohne Zugabe von der Bühne ließ.
Michelle heizte richtig ein!
Um 21.00 Uhr war es endlich soweit. „In die nächste Künstlerin ist Julian etwas verliebt“, verriet Moderatorin Anika Reichel. „Ja, das stimmt“, gab er ehrlich zu, „sie ist backstage unser aller Liebling.“ Die Bühne war damit frei für Schlagerkönigin Michelle, die in weißen Hotpants, einem engen Shirt und High Heels für Schnappatmung bei den Männern sorgte. Als sie dann noch als Opener „Große Liebe“ schmetterte, bebte der Kalkberg. Mit uns führte Michelle ein exklusives Interview!
Nik P.’s Auftritt verzögerte sich, ohne Zugabe und weitere Dance-Schlager wie „Paris“ und „In 80 Küssen“ durfte die kleine Powerfrau nicht von der Bühne. Für Julian David wurde ein Traum wahr, als sie ihn als Reim-Ersatz bei „Idiot“ wählte. Wie sie sich so an seinen Körper schmiegte, vergaß der Moderator glatt seinen Text. Nik P. musste zweimal starten, die Technik versagte. Vermutlich war der Techniker auch noch verzaubert von Michelle. Der Kalkberg erstrahlte zu „Ein Stern“.
Keinem ist es in den letzten Jahren so gut gelungen, alle Facetten des deutschen Schlagers zu zeigen, wie Hans Scherer. Vielversprechende Newcomer, Ballermannstars, Klassiker und Legenden in einem über vierstündigen Programm gemeinsam auf die Bühne zu bringen, das ist Kult.
Altmeister Howard Carpendale beendete den Abend standesgemäß
Und damit ging es dann in den Ausklang des Abends. Howard Carpendale betrat im Anzug die große Bühne und verzauberte mit seiner sanften Stimme und dem unverwechselbaren Akzent die Schlagerfans. Nicht nur bei „Hello Again“ sang das Publikum textsicher jede Zeile mit. Howie selbst freute sich auch ganz besonders, am Kalkberg dabei sein zu dürfen. Er erinnerte sich daran, wie sein Sohn Wayne als Old Shatterhand an Winnetous Seite ritt und scherzte über Donald Trump.