Udo Jürgens war zweifellos der größte deutschsprachige Entertainer des letzten Jahrhunderts. Viele seiner Lieder, die er fast ausschließlich selbst komponierte, sind Evergreens geworden. Er verkaufte zu Lebzeiten über 100 Millionen Tonträger und ist der einzige Künstler, dem es über sechs Jahrzehnte gelungen ist, in den Charts vertreten zu sein. Doch bis zu seinem ersten Erfolg als Solokünstler war es ein langer Weg.
Der 1934 als Jürgen Udo Bockelmann im österreichischen Klagenfurt geborene Musiker bekommt als Fünfjähriger von seinen Eltern eine Mundharmonika geschenkt. Schnell bringt er sich Volkslieder bei. Drei Jahre später bekommt er von seinen Eltern das langersehnte Akkordeon. Erst mit 12 Jahren nähert Udo sich dem Klavier. Der „große, schwarze Kasten“ machte ihm zunächst Angst, weil er ihn an einen Sarg erinnerte. Doch nach einem Besuch der Operette „Das Land des Lächelns“ gelingt es ihm, die gerade gehörten Melodien aus der Erinnerung am Klavier nachzuspielen. In dieser Zeit beginnt er zu komponieren. Sein erstes Stück, „Valse Musette“, widmet er seinem Vater und veröffentlicht es erst 2011 auf dem Soundtrack zum Film „Der Mann mit Fagott“, in dem die Geschichte von Udos Familie erzählt wird. Ab 1948 studiert er am Klagenfurter Konservatorium Klavier, Harmonielehre, Gesang und Komposition. Schon damals soll er seine Lehrer mit ungewöhnlichen Akkordfolgen überrascht haben. 1950 gewinnt er mit dem von ihm komponierten und getexteten Lied „Je t’aime“ einen österreichischen Komponistenwettbewerb. Nach ersten Engagements mit seiner „Udo Bolan Band“, Stationen beim Radiostudio Klagenfurt und als Moderator einer wöchentlichen Radiosendung bei BFN nimmt er 1956 seine erste Platte auf: „Es waren weiße Chrysanthemen“. Diese und die folgenden Singles werden kapitale Flops. Im Nachhinein ist Udo froh darüber, da er zur damaligen Zeit nur Lieder anderer Komponisten singen durfte. Nur sein selbstgeschriebenes Lied „Jenny“, mit dem er bei einem Festival in Knokke gewinnt, wird ein großer Hit.
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In den 1960er Jahren geht es langsam aufwärts
Udos Verleger, Ralph Maria Siegel (der Vater von Grand-Prix-Legende Ralph Siegel) bietet die Kompositionen in Amerika an. So landet Weltstar Shirley Bassey Welthits mit Udos Komposition „Reach for the stars“ (Originaltitel: „Woher ich auch komm‘, wohin ich auch geh'“, ursprünglich von Udos Freund Frank Forster gesungen). Auch mit Titeln wie „If I never sing another song“, zu dem Alexandra den deutschen Text „Illusionen“ schrieb und sang, und „Walk away“ feierte sie große Erfolge. Ab 1961 ist Udo Jürgens auch als Schauspieler in Schlagerfilmen zu sehen. Für den 1965 erschienenen Film „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ schrieb Udo nicht nur den Titelsong, der zu einem großen Hit wurde, sondern auch die Lieder der anderen Interpreten, u.a. Rex Gildo, Gus Backus und Gerhard Wendland. 1964 nimmt der große Musiker mit „Warum nur, warum?“ erstmals am „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ teil. Damit erreicht er zwar „nur“ den fünften Platz, das Lied wird jedoch ein Welthit. So hat Matt Monro, der die englische Version „Walk away“ aufnahm, Udo einen Nummer-Eins-Hit in England zu verdanken. Im Folgejahr nimmt Udo mit „Sag‘ ihr, ich lass‘ sie grüßen“ erneut am „Grand Prix“ teil. Er verbessert sich zwar nur um einen Platz, doch auch dieser Titel wird erneut ein Welterfolg. Große Stars wie Caterina Valente, Brenda Lee, Sacha Distel und Jean-Claude Pascal singen Udos Lieder. Selbst Quincy Jones, der u.a. Michael Jackson und Frank Sinatra produzierte, nahm mit Sarah Vaughan die Udo-Jürgens-Komposition „Right or wrong“ auf. Der endgültige Durchbruch gelingt ihm dem Entertainer jedoch erst 1966 mit „Merci chérie“. Mit diesem Lied gewinnt er den „Grand Prix“ und auch dieses Lied wurde von unzähligen Künstlern aufgenommen. Ein Jahr später erscheint die Platte „Was ich Dir sagen will“. Auch dieses Lied wird von vielen internationalen Stars gecovert, darunter wieder Matt Monro. In Japan wird das Lied quasi zu einem Volkslied. Dort heißt es „Wakare no asa“. Allein auf Japanisch gibt es unzählige Coverversionen. Auch in Spanien wird das Lied als „Alguien canto“ zum Hit. Zu Udos 66. Geburtstag singt es Loona. Doch auch deutsche Stars wie Heinz Rudolf Kunze entdecken das Lied für sich.
Der einzige Nummer-Eins-Hit seiner Karriere
1974 gelingt Udo mit „Griechischer Wein“ der einzige Nummer-Eins-Hit seiner Karriere. Auch dieses Lied über das Schicksal griechischer Gastarbeiter wird ein Welthit. In Griechenland heißt es „Phile kerna krassi“ und wird zu einem Volkslied für die Griechen. Eine besondere Ehre ist es, als Bing Crosby, der mit „White Christmas“ einen Megahit landete, „Griechischer Wein“ auf Englisch aufnimmt. Hier heißt das Lied „Come share the wine“ und wird auch für Al Martino zum Hit. Doch auch deutsche Stars wie Heino und Christina Stürmer entdecken das Lied für sich. In Interviews betonte Udo stets, wie viel es ihm bedeutete, dass Sammy Davis Jr. einen Song von ihm aufnahm, nämlich „If I never sing another song“ („Illusionen“). Eigentlich war das Lied für Udos „Gott“ Frank Sinatra gedacht, doch dieser gab das Lied an seinen Freund Sammy Davis Jr. weiter. Dieser sang das Lied von nun an laut Udo am Ende eines jeden Konzertes. Als Udo zu einem Konzert von Sammy Davis Jr. in München eingeladen war, sang dieser das Lied, das Udo für ihn geschrieben hatte, und bedankte sich bei ihm. Im Saal brach tosender Jubel aus.
Udo und die Deutsche Fußballnationalmannschaft
1978 veröffentlicht Udo zusammen mit der Deutschen Fußballnationalmannschaft das Album „Buenos Dias, Argentina“ zur Fußball-WM. Das Lied wird ebenfalls von vielen nationalen und internationalen Stars gecovert. Die Version von Marty Robbins wird als „Country song of the year“ ausgezeichnet.
Inzwischen wurden alle großen Udo-Jürgens-Hits von unzähligen Interpreten gecovert, besonders anlässlich der drei Geburtstagsgalas für den Superstar. Zu nennen sind hier u.a. Eva Lind, Jamie Cullum („The music played“), Pur, Söhne Mannheims, Roger Cicero („Ein ehrenwertes Haus“), Xavier Naidoo („Ich glaube“), Udo Lindenberg („Siebzehn Jahr‘, blondes Haar“), Yvonne Catterfeld („Immer wieder geht die Sonne auf“) und Sportfreunde Stiller („Ich war noch niemals in New York“). Selbst Starpianist Lang Lang spielte zu Udos 80. Geburtstag „Vielen Dank für die Blumen“. Manche Künstler trauten sich auch an weniger bekannte Songs heran. So sang zum Beispiel Cassandra Stehen zusammen mit Udo Jürgens „Was wichtig ist“, Annett Louisan interpretierte „Wer hat meine Zeit gefunden?“ und Tim Bendzko machte sich „Verloren in mir“ zu eigen. Nach Udos Tod coverten viele Schlagerstars die größten Hits des Sängers, zum Beispiel Howard Carpendale („Ich war noch niemals in New York“), Florian Silbereisen („Griechischer Wein“) und Heino („Buenos Dias, Argentina“). Roland Kaiser nahm sogar mehrere Songs von Udo auf. Eine schöne Zusammenstellung von Udo-Covern bietet der Soundtrack zum Musicalfilm „Ich war noch niemals in New York“. Außerdem gibt es einige Parodien von Udos Liedern. Die bekanntesten stammen von Otto Waalkes („Es wird Nacht, Senorita“, „Friesischer Wein“, „Aber bitte mit Sahne“). Doch auch die A-Cappella-Band „Wise Guys“ lieferte mit „Ich war noch nie bei RTL“ eine gelungene lustige Version eines Udo-Hits und „Zeig‘ mir den Platz an der Sonne“ ist als „Zeig‘ mir den Platz in der Kurve“ bis heute ein Hit für alle Schalke-Fans. Wie auch immer man zu den Coverversionen stehen mag – sie sorgen dafür, dass Udo Jürgens‘ großartige Musik nicht vergessen wird!