Die in Mannheim vom Radiosender SWR4 präsentierte Schlagernacht des Jahres 2018 war einmal mehr ein voller Erfolg. Mit 11.000 Besuchern war die Veranstaltung ausverkauft – auch im Südwesten ist Schlagermusik also beliebter denn je. Das Konzept der Schlagernacht ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte – beliebte Top-Stars der Schlagerszene besuchen die großen Arenen und haben 20- bis 30-minütige Auftritte, in denen sie vornehmlich ihr großen Hits abfackeln. Was den Schlager 2018 ausmacht, konnte man in Mannheim erkennen:
Schlager ist: …very sexy
Besonders ins Zeug legten sich die Topstars des Schlagers mit atemraubenden Outfits, wobei bei den Damen diesmal wohl Leder angesagt war: Sowohl Beatrice Egli als auch Vanessa Mai trugen hautenge schwarze Lederhosen. Michelle heizte mit Overknee-Stiefeln und Hot Pants ein. Die Ladies zeigten zur Freude ihrer Fans „vollen Körpereinsatz“ – bei allen Sängerinnen ist auffällig, dass sie sich in Sachen Bühnen-Performance und Ausstrahlung in den letzten Jahren enorm gesteigert haben – großes Kompliment.
Aber auch die Mädels bekamen optisch etwas geboten – Ben Zucker mutiert offensichtlich immer mehr zum Liebling der kreischenden Mädels, die Jungs von voXXlub brillierten nicht nur stimmlich, sondern auch mit einer beeindruckenden Tanzperformance (u. a. bewiesen sie, dass man auch mit einem Mikro in der Hand gut singen kann.) Auch die Tänzer von Beatrice Egli werteten deren Auftritt auf – umgekehrt brachen Birgid und Elena, die charmanten Background-Sängerinnen Semino Rossis, sicher das eine oder andere Männerherz. A propos Semino Rossi – bemerkenswert war, dass er sich beim SWR dafür bedankte, dass der Sender seine Schlager so regelmäßig spielt. Ein tolles Statement, welches auch anderen Interpreten gut zu Gesicht stehen würde, weil SWR4 in der Hinsicht wirklich Vorbildfunktion hat.
Schlager ist: modern
War es früher oft so, dass viele Schlagerveranstaltungen vom „Kult“-Charakter lebten, steht bei den Schlagernächten eher modernes Repertoire im Vordergrund. Nicht umsonst ist ein Großteil des Schlagerpublikums eher jung. Einmal mehr war zu beobachten, dass Schlager absolut nicht nur von Senioren gehört werden – sondern definitiv von allen Altersschichten und gerade auch von jungen Leuten gehört werden. Durchweg arbeiteten die Stars mit modernen Playbacks, was dem Programm einen modernen Anstrich gab. Einzig bei Marianne Rosenberg wäre der Einsatz der einfach perfekten Originalarrangements vielleicht wünschenswert gewesen.
Schlager ist: Emotional tiefgehend
Egal, ob alter Schlager oder neue Titel: Sehr viele Lieder bedeuten den Menschen etwas, sie können sich damit identifizieren – ob es „Marleen“, bei der einer gehen muss, oder ob die Verlobung nicht geklappt hat („Verliebt, verlobt, verflixt noch mal)“ – ob man den männlichen Nebenbuhler beneidet („Ich wär so gern wie du“) oder sich Samstag nachts alleine fühlt („Samstag Nacht und du hast nur deine Lieder“) – immer wieder war das Identifikationspotenzial bei den Mannheimer Fans erkennbar.
Schlager ist: Zusammenhalt
Sicherlich auch der Art der Musik geschuldet, fördert der Schlager menschlichen Zusammenhalt (manchmal vielleicht sogar deutlich mehr). Immer wieder wird zusammen geschunkelt, gelacht, vielleicht auch getrunken. Hinter den Kulissen gibt es bisweilen eine tolle Kollegialität, das war in der legendären Hitparaden-Zeit so – das ist zumindest teilweise auch heute zu beobachten, wenn etwa Michelle, Maria Voskania, Julian David, Anna-Maria Zimmermann, die voXXclub-Jungs und Semino Rossis Sängerinnen sich backstage sichtlich an den Auftritten der Kollegen freuen.
Fazit
Wieder einmal war die Schlagernacht eine rundum gelungene Veranstaltung. Der Schlusspunkt, der Auftritt des sehr gut aufgelegten Howard Carpendales, war definitiv einer der Höhepunkte des Abends. Carpendale sang einen Titel sogar komplett live, von Gitarre begleitet („Dann geh doch“) und legte auch Wert darauf, einen neuen Titel zu singen („Unter einem Himmel“). Einen der meist umjubelten Auftritte hat Vanessa Mai hingelegt, deren Fanbase ungebrochen groß ist. Mit voXXclub und Michelle sind weitere absolute Highlights zu nennen. Ein dickes Kompliment ist Beatrice Egli und Howard Carpendale für ihre Flexibilität zu machen, dass sie trotz der TV-Verpflichtung bei der „Willkommen bei Carmen Nebel“-Show den Auftritt in Mannheim nicht abgesagt haben. Für den Lacher des Abends sorgte übrigens Moderator René Travnicek, der Ben Zucker als „Ben Becker“ angekündigt hatte. Der nahm’s mit Humor – frei nach seinem Riesenhit: „Na und!?“.
Ein Wort noch zur Organisation: Wer (wie ich) zum ersten Mal in der SAP-Arena war, ist überrascht über die überdurchschnittlich gute Organisation der Veranstaltung. Vom Parken über den Einlass bis hin zur Security waren nur freundliche und kompetente Menschen am Werk, die einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung gewährleisteten. Dafür ein dickes Extra-Lob!